Ferndolmetschen

Empfehlungen für das Ferndolmetschen

In letzter Zeit sind wir Zeugen einer rasanten Entwicklung neuer Technologien, die uns schon jetzt den Alltag in vielerlei Hinsicht erleichtern. Natürlich hat diese Entwicklung auch auf die Kongressindustrie Einfluss genommen. So werden mittlerweile auf dem Markt immer mehr Lösungen für Videokonferenzen und spezielle Plattformen für das Simultandolmetschen angeboten. Während der COVID-19-Pandemie haben solche Lösungen breite Verwendung gefunden und kommen auch nach Aufhebung der Kontaktbeschränkungen, wenn auch in geringerem Umfang, zum Einsatz. Da sich Konferenzdolmetscher an die technischen Entwicklungen anpassen, hat der Kroatische Konferenzdolmetscherverband Empfehlungen fürs Ferndolmetschen erarbeitet, die auf den Erfahrungen der Verbandsmitglieder, aber auch den Empfehlungen anderer nationaler Verbände sowie des Internationalen Konferenzdolmetscherverbandes AIIC aufbauen. Sie richten sich an die Veranstalter entsprechender Tagungen und an Dolmetscher, die sich dafür entscheiden, solche Aufträge anzunehmen. Ziel dieser Empfehlungen ist es, allen Beteiligten vor Augen zu führen, wie sich virtuelle Treffen auf die Dynamik mehrsprachiger Kommunikation auswirken und worauf besonders zu achten ist.

Keine der aktuell verfügbaren Lösungen, sei es, dass die Dolmetscher aus dem so genannten Dolmetschhub (engl. interpreting hub) oder, ebenso wie die Teilnehmer, von unterschiedlichen Standorten zugeschaltet werden, kann die klassische Konferenztechnik, die  bei Präsenzveranstaltungen eingesetzt wird, ersetzen. Der aktuelle Stand der Technik  gewährleistet leider für das Ferndolmetschen keinen reibungslosen Ablauf, und zwar aus mehreren Gründen, von denen wir hier einige hervorheben möchten.

Online-Plattformen für das Ferndolmetschen und technische Lösungen für Videokonferenzen verlassen sich auf die Geräte und Ausrüstung des Endverbrauchers und nicht auf spezielle professionelle Hardware. Die Verantwortung des Anbieters der Plattform endet, sobald Ton und Bild beim Endverbraucher bzw. Veranstaltungsteilnehmer oder Dolmetscher ankommen. Und ab diesem Zeitpunkt kann auch die Qualität nicht mehr wesentlich beeinflusst werden. Deshalb besteht auch ein erhöhtes Risiko eines akustischen Schocks, sowohl für die Dolmetscher als auch für die Teilnehmer. Je länger man Ton und Bild von schlechter Qualität ausgesetzt ist, desto größer das Risiko anderer ernsthafter Gesundheitsprobleme.

Darüber hinaus ist die kognitive Belastung der Dolmetscher in dieser Situation um ein Mehrfaches größer, da sie neben ihrer Aufgabe, konsekutiv oder simultan zu dolmetschen, auch eine ganze Reihe von technischen Elementen berücksichtigen müssen, was wiederum die Aufrechterhaltung der erforderlichen Konzentration beeinträchtigt.

Außerdem drängt sich hier auch die Frage des Schutzes von vertraulichen und/oder personenbezogenen Daten auf, der bei dieser Art der Verdolmetschung nie vollständig garantiert werden kann. Erwähnenswert ist auch, dass sehbehinderte und blinde Konferenzdolmetscher nach dem jetzigen Stand der angebotenen Lösungen für das Ferndolmetschen die Oberfläche, die auf dem Bildschirm der Ferndolmetschplattform angezeigt wird, nicht benutzen können.

Im Einklang mit den Standards im Bereich Konferenzdolmetschen arbeiten Dolmetscher immer in Sprachteams, die je nach Dauer, Anforderungen und Sprachenregelung der entsprechenden Konferenz aus zwei bzw. drei Dolmetschern bestehen. Diese Teamarbeit der Dolmetscher ist für die Qualität der Verdolmetschung und demzufolge auch für den Erfolg jeder mehrsprachigen Veranstaltung von entscheidender Bedeutung. Das Ferndolmetschen nähert sich diesen Anforderungen am besten an, wenn sich die Dolmetscher in einem Dolmetschhub befinden, in dem sie, ähnlich wie in der herkömmlichen Kabine, nebeneinander sitzen und in dem die bestmöglichen akustischen und sonstigen Bedingungen sichergestellt sind. Außerdem können die Dolmetscher hier auch störungsfrei verbal und nonverbal miteinander kommunizieren.

Die Arbeitsbedingungen des Ferndolmetschens können aktuell nur als suboptimal bezeichnet werden und sind nur in außerordentlichen Situationen und im Falle von kürzeren Dolmetscheinsätzen gerechtfertigt, wenn es nicht möglich ist, eine klassische Simultanverdolmetschung zu organisieren bzw. eine Teilnahme vor Ort nicht wünschenswert oder aufgrund verschiedener Krisensituationen wie Epidemien oder Naturkatastrophen nicht möglich ist. Da in einem solchen Kontext die Simultanverdolmetschung am gefragtesten ist, beziehen sich die Empfehlungen des Kroatischen Dolmetscherverbands hauptsächlich auf das so Remote simultaneous interpreting (RSI). Die meisten dieser Empfehlungen können jedoch auch bei anderen Formen des Konferenzdolmetschens, wie zum Beispiel beim Konsekutivdolmetschen mithilfe von Videokonferenzsystemen, angewandt werden.

Gerne verweisen wir Sie auf die Empfehlungen des Kroatischen Dolmetscherverbands für Veranstalter, Konferenzdolmetscher und Redner: